Die Verhaltenstherapie gehört mit der Psychoanalyse zu den ältesten Psychotherapiemethoden. Vermutlich ist die Wirksamkeit der Psychotherapie bei keiner anderen Methode so gut belegt worden, wie bei der Verhaltenstherapie.
Erkenntnisse über grundlegende Lernvorgänge bei Tieren und Menschen bildeten zunächst die Grundlage für die Entwicklung der Verhaltenstherapie. Denn die Lernpsychologie konnte zeigen, dass Verhalten, z.B. Reaktionen auf Umweltreize gelernt werden können. Und so können auch psychische Störungen das Ergebnis von Lernvorgängen sein, z.B. Ängste, Depressionen, antisoziales Verhalten, Schlaf- und Essstörungen, oder Süchte.
Ivan Pavlov, 1849 - 1936.
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Versuchsaufbau zur Untersuchung der klassischen Konditionierung von Ivan Pavlov, welcher er Ende des 19. Jhrdt. in Russland durchführte. Klassischer Konditionierung ist ein wichtiger Lernmechnanismus. Pavlov's Erkenntnisse bildeten eine Grundlage für die Entwicklung der Lernpsychologie.
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Burrhus Skinner, 1904-1990
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Bild rechts: Die "Skinner-Box" stellt einen Versuchsaufbau zur Untersuchung zum Belohnungs- und Bestrafungslernen dar; die sog. operanten Konditionierung. Dass auch menschliches Verhalten von Belohnung und Bestrafung abhängen kann, wissen wir alle. Lernpsychologen, wie Skinner und seine Nachfolger haben die Gesetzmäßigkeiten von Lernvorgängen jedoch sehr genau untersucht. Sie haben die genauen Bedingungen, unter denen Verhalten gelernt und verlernt wird, erforscht und dadurch wertvolles Wissen für die Behandlung von psychischen Störungen in der Verhaltenstherapie zusammen getragen.
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Wenn psychische Störungen gelernt sein können, dann kann man sie wieder "verlernen". In der Verhaltenstherapie werden psychische Störungen als Folge „ungünstig gelernter“ Verhaltens- bzw. Denkweisen verstanden. Der Schwerpunkt der verhaltenstherapeutischen Methode liegt darin, gemeinsam mit dem Patienten Schritt für Schritt neue Denk- bzw. Verhaltensweisen zu entwickeln und auszuprobieren. Im günstigen Fall schafft sich der Patient selbst neue Lernerfahrungen, dadurch werden die Störungen "verlernt".
Auch wenn die Verhaltenstherapie im Ruf steht, ein „übendes“ Verfahren zu sein, soll nicht der Eindruck entstehen, dass es dem Verhaltenstherapeuten unwichtig ist, seinen Patienten und die oft schwierige Biographie zu verstehen. Ganz im Gegenteil: Oft habe ich in Therapien erlebt, wie heilend ein richtiges und tiefes Verständnis der eigenen Probleme, des eigenen Leidens für Menschen sein kann. Wir Verhaltenstherapeuten nennen das ‚Entwicklung eines angemessenen Störungsbildes beim Patienten‘. Wenn man die Ursache, bzw. das Wesen des eigenen Problems erstmal richtig verstanden hat, kann man sich selbst und die Welt um sich herum plötzlich in einem neuen Licht sehen und man fängt an, sich anders zu verhalten und - sich besser zu fühlen.
Allerdings ist es der Verhaltenstherapie lange Zeit nicht gelungen, wichtige Themen des Menschen, in ihre Methode einzubeziehen. Das betraf die Struktur der Persönlichkeit, die Werte und Ziele von Menschen, sein Identitätsgefühl, oder die Bedeutung von Gefühlen im Verlauf der Psychotherapie. Da die Verhaltenstherapie gegenüber neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen stets aufgeschlossen war, hat es nicht lange gedauert, bis solche Erkenntnisse zu einer Erneuerung der Verhaltenstherapie selbst geführt haben. Die moderne Verhaltenstherapie schließt daher neuere Therapiemethoden, wie u.a. die Akzeptanz und Commitment Therapie (ACT), oder die Schematherapie ein. Der „Methodenschatz“ des Verhaltenstherapeuten wird dadurch bedeutsam erweitert. Bei verschiedenen psychischen Störungen habe ich erlebt, wie Sinn-stiftend für Patienten der Einsatz dieser neuen Verfahren sein kann.